Alle Vorgänge, bei denen eine Größe pro Zeiteinheit um einen konstanten Faktor zu- oder abnimmt (wo also das Wachstum bzw. die Abnahme proportional zur vorhandenen Größe ist), können durch eine Exponentialfunktion beschrieben werden. Das bekannteste Beispiel ist wohl die Formel für die Zinseszinsen:
(n: Anzahl der Jahre, K0: Anfangskapital, Kn: Kapital nach n Jahren)
Wie man sieht, beträgt der Wachstumsfaktor hier 1 + p/100, bei einem Zinssatz von 5% also 1,05.
Die Exponentialfunktion kann dargestellt werden mit beliebiger Basis oder mit der Basis e (Euler'sche Zahl). In der zweiten Form ist sie einfacher zu logarithmieren, da ln(e) = 1. Ich werde im Folgenden beide Formen nebeneinander verwenden.
Eine Funktion, die exponentielles Wachstum beschreibt, ist immer nach dem gleichen Schema aufgebaut:
f(t) = a·q t
f(t): Wert nach der Zeit t
a: Anfangswert
q: Wachstumsfaktor
(bei Wachstum ist q > 1,
bei Abnahme ist q < 1)f(t) = a·eλt
λ (sprich: Lambda): Wachstumskonstante
Bei Abnahme schreibt man
f(t) = a·e−λt
Wenn man die beiden Formen vergleicht, sieht man, dass q = eλ, d.h. λ = ln(q) (bei Abnahme: λ = −ln(q)).
Die Zeit, in der sich eine bestimmte Menge verdoppelt (halbiert), hängt nicht vom Ausgangswert ab! Man bezeichnet sie als Verdopplungszeit (Halbwertszeit).
Musterbeispiele:
Eine Bakterienkultur wächst pro Stunde um 15%. Stelle N(t) (die Anzahl der Bakterien nach t Stunden) als Exponentialfunktion dar!
Der Wachstumsfaktor ist 1,15 (115%)
N(t) = N0·1,15 t
λ = ln (1,15) = 0,1398 / h
N(t) = N0·e0,1398 t
Die Bevölkerung eines Landes ist in 10 Jahren von 5 Millionen auf 6,1 Millionen angewachsen. Gib die Wachstumsfunktion an!
6,1 = 5·q10
q = 10√(6,1/5) = 1,02N(t) = 5·1,02 t
(in Millionen)6,1 = 5·e10 λ
λ = ln(6,1/5)/10 = 0,0199 / JahrN(t) = 5·e0,0199 t
Wieviel Prozent beträgt das jährliche Wachstum?
q = 1,02 = 102%
⇒ Die Bevölkerung wächst pro Jahr um 2%.q = e0,0199 = 1,02
Wann wird das Land 8 Millionen Einwohner haben?
8 = 5·1,02 t
t = ln(8/5) / ln(1,02) = 23,7
⇒ nach 23,7 Jahren8 = 5·e0,0199 t
t = ln(8/5) / 0,0199 = 23,7
Bei radioaktiven Zerfallsprozessen u. dgl. gibt man meist die Halbwertszeit τ an - die Zeit, nach der nur mehr die Hälfte der ursprünglichen Menge übrig ist.
Die Halbwertszeit von radioaktivem Jod beträgt 8 Tage. Gib die Zerfallsfunktion an!
(N0: Anfangsmenge, N(t): Menge nach t Tagen)
N0/2 = N0·q8
q = 8√(1/2) = 0,917N(t) = N0·0,917 t
N0/2 = N0·e−8 λ
λ = ln(1/2) / (−8) = 0,0866 / TagN(t) = N0·e−0.0866 t
Wieviel Prozent der vorhandenen Menge zerfallen pro Tag?
q = 0,917 = 91,7%
⇒ die Abnahme beträgt 8,3%.q = e−0,0866 = 0,917
Wann ist nur mehr 1% der ursprünglichen Menge vorhanden?
0,01·N0 = N0·0,917 t
t = ln(0,01) / ln(0,917) = 53,2
⇒ nach 53,2 Tagen0,01·N0 = N0·e-0,0866 t
t = ln(0,01) / (−λ) = 53,2
Anmerkung: Aus der Gleichung N0/2 = N0·e−λ·τ erhält man die Beziehung
λ·τ = ln(2)
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