Wenn ein Kapital für einen gewissen Zeitraum ausgeliehen wird, muss man dafür Zinsen zahlen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Zinsen zu berechnen:
Bezeichnungen:
K0: | Barwert (Anfangskapital) |
Kn: | Endwert (Kapital nach n Jahren) |
i: | Zinssatz (interest rate) |
d: | Diskontsatz (discount rate) |
n: | Laufzeit |
Wir geben Zinssatz und Diskontsatz in Prozent oder als Dezimalzahl an, z.B. i = 5% = 0,05.
dekursiv:
Ein Kapital K0 wird n Jahre zum Jahreszinssatz i angelegt. Die Zinsen betragen K0·n·i, das Endkapital ist daher
Kn = K0·(1 + n·i)
Wir erhalten also eine lineare Funktion der Zeit.
Die einfache Verzinsung wird nur für Zeiträume unter 1 Jahr angewendet.
Beispiele:
antizipativ:
Diese Art der Verzinsung wird vor allem bei der Wechseldiskontierung angewendet. Mit einem Wechsel verpflichtet man sich, zu einem späteren Zeitpunkt einen bestimmten Betrag Kn zu zahlen. Wenn der Empfänger des Wechsels ihn schon früher einlösen will, erhält er von der Bank den um die Diskontzinsen verminderten Betrag. Die Zinsen betragen Kn·n·d, der Auszahlungbetrag K0 ist daher
K0 = Kn·(1 - n·d)
Auch die lineare antizipative Verzinsung wird nur für Zeiträume unter 1 Jahr angewendet. Sie hat heute keine große praktische Bedeutung mehr.
Beispiele:
Wie wir am letzten Beispiel sehen, sind ein bestimmter Zinssatz und ein nominell gleich hoher Diskontsatz nicht äquivalent.
Die angelaufenen Zinsen werden am Ende jeder Zinsperiode dem Kapital hinzugefügt. (Wir betrachten hier nur dekursive Verzinsung.) Das Kapital wächst also pro Jahr umd den Aufzinsungsfaktor q = 1 + i, und der Endwert beträgt
Kn = K0·qn, wobei q = 1 + i
Das Endkapital hängt also exponentiell von der Zeit ab.
Beispiele:
Das Äquivalenzprinzip der Finanzmathematik
Zahlungen dürfen nur dann verglichen / addiert / subtrahiert werden, wenn sie zuvor auf denselben Stichtag auf- oder abgezinst wurden!
Beispiel:
Für eine Immobilie liegen zwei Angebote vor: A bietet 20000 € sofort und 10000 €
in 3 Jahren; B bietet je 15000 € in einem Jahr und in 2 Jahren. Welches Angebot ist -
bei einer Verzinsung von 5 % - für den Verkäufer günstiger?
Solche Aufgaben veranschaulicht man am besten durch einen Zeitstrahl:
Wir können beispielsweise alle Zahlungen auf das Ende des 3. Jahres aufzinsen:
A: 20000·1,053 + 10000 = 33152,50
B: 15000·1,052 + 15000·1,05 = 32287,50
Angebot A ist also für den Verkäufer etwas günstiger.
(Dasselbe Ergebnis hätten wir erhalten, wenn wir einen anderen Bezugszeitpunkt, z.B.
den Anfang des 1. Jahres, gewählt hätten.)
Unterjährige Verzinsung
Oft werden die Zinsen mehrmals pro Jahr dem Kapital zugeschlagen (halbjährlich, vierteljährlich oder monatlich). Für die Berechnung des unterjährigen Zinssatzes im (m ist die Anzahl der Zinsperioden pro Jahr) gibt es zwei Möglichkeiten:
Der nominelle Jahreszinssatz wird durch die Anzahl der Zinsperioden geteilt:
Relativer unterjähriger Zinssatz:
im = i/m
Dabei ergibt sich allerdings ein höherer Effektivzinsatz.
Bsp.: K0 = 100, i = 12 %, n = 1
halbjährlich: | i2 = 6 % | K1 = 100·1,062 = 112,36 | ieff = 12,36 % |
vierteljährlich: | i4 = 3 % | K1 = 100·1,034 = 112,55 | ieff = 12,55 % |
monatlich: | i12 = 1 % | K1 = 100·1,0112 = 112,68 | ieff = 12,68 % |
im wird so bestimmt, dass sich derselbe Effektivzinssatz ergibt wie bei jährlicher Verzinsung:
Konformer (äquivalenter) unterjähriger Zinssatz:
(1 + im)m = 1 + i
Betrachten wir wieder das Beispiel i = 12 %:
halbjährlich: | (1 + i2)2 = 1,12 | i2 = 5,83 % |
vierteljährlich: | (1 + i4)4 = 1,12 | i4 = 2,87 % |
monatlich: | (1 + i12)12 = 1,12 | i12 = 0,95 % |
Man kommt also nur zu widerspruchsfreien Ergebnissen, wenn man den konformen unterjährigen Zinssatz verwendet!
Exkurs: Stetige Verzinsung
Wenn man (bei gleichbleibendem nominellen Zinssatz) die Anzahl der Zinsperioden vergrößert, wird das Endkapital immer größer. Es gibt aber eine obere Grenze.
Setzen wir der Einfachheit halber K0 = 1, i = 100 %:
m | K1 |
1 | 1 + 1 = 2 |
2 | (1 + ½)2 = 2,25 |
4 | (1 + ¼)4 = 2,441 |
12 | (1 + 1/12)12 = 2,613 |
100 | (1 + 1/100)100 = 2,705 |
1000 | (1 + 1/1000)1000 = 2,717 |
Der Grenzwert dieser Folge für m → ∞ ist die Euler'sche Zahl e = 2,71828...
Allgemein gilt:
Endwert eines Kapitals bei stetiger Verzinsung zum nominellen Zinssatz i:
Kn = K0·ei·n
Die stetige Verzinsung eines Kapitals ist in der Praxis nicht durchführbar; sie stellt aber ein gutes Modell für natürliche Vorgänge (Wachstumsvorgänge, radioaktiver Zerfall u.a.) dar.
Eine Reihe von gleichhohen Zahlungen (Raten) in regelmäßigen Zeitabständen bezeichnet man als Rente.
Bezeichnungen:
R: Rate
E: Endwert (Wert am Ende des Rentenzeitraums)
B: Barwert (Wert am Beginn des Rentenzeitraums)
Rentenperiode: Zeitraum zwischen zwei Raten
Nachschüssige Rente: Zahlungen am Ende jeder Rentenperiode
Vorschüssige Rente: Zahlungen am Beginn jeder Rentenperiode
Wir nehmen zunächst an, dass Rentenperiode und Zinsperiode übereinstimmen, und bestimmen den Endwert einer n-maligen, nachschüssigen Rente. (Die Rentenperiode sei ein Jahr.)
Wir zinsen alle Raten, beginnend mit der letzten, auf den Tag der letzten Zahlung auf:
En = R + R·q + R·q2 + ... + R·qn−1 =
R·(1 + q + q2 + ... + qn−1)
Beweis:
Der Ausdruck in der Klammer ist eine geometrische Reihe. Wir bezeichnen die Summe mit sn:
sn = 1 + q + q2 + ... + qn−1 Beide Seiten mit q multiplizieren: q·sn = q + q2 + ... + qn-1 + qn Obere Gleichung von unterer abziehen: sn·(q − 1) = qn − 1
sn = (qn − 1)/(q − 1)
Um den Endwert einer vorschüssigen Rente zu erhalten, muss man diesen Betrag noch durch ein Jahr aufzinsen, weil das Ende des Rentenzeitraums ein Jahr nach der letzten Zahlung liegt.
Den Barwert erhält man, indem man den Endwert durch n Jahre abzinst. Daher ergeben sich folgende Formeln:
nachschüssig |
vorschüssig |
|
Endwert: | ||
Barwert: |
Wenn Rentenperiode und Zinsperiode nicht gleich lang sind, muss man mit dem
äquivalenten Zinssatz rechnen, z.B.:
monatliche Zahlungen, Jahreszinssatz i = 5 %: q = 12√1,05 = 1,0041
zweijährige Zahlungen, Jahreszinssatz i = 5 %: q = 1,052 = 1,1025
Beispiele:
Herr A. zahlt 15 Jahre lang am Ende jedes Jahres 1000 € ein (i = 4 %). Von dem ersparten Geld will er 20 vorschüssige Jahresraten beheben, beginnend 5 Jahre nach der letzten Einzahlung. Wie hoch ist eine Rate?
Wert 5 Jahre nach der letzten Einzahlung: Endwert (nachschüssig), aufgezinst durch 5 Jahre
1000·(1,0415 − 1)/0,04·1,045 = 24361,76 €
Das ist der Barwert der neuen Rente (vorschüssig):
24361,76 = R·1,04·(1 − 1,04−20)/0,04 ⇒
R = 1723,64 €
Frau B. nimmt einen Kredit von 15000 € mit einer Laufzeit von 10 Jahren auf,
den sie in nachschüssigen Monatsraten zurückzahlen will (i = 8 %). Wie hoch ist eine Rate?
Nach 3 Jahren erhöht die Bank den Zinssatz auf 10 %. Um wieviel verlängert sich die Laufzeit, wenn
Frau B. die Raten in derselben Höhe weiterzahlt?
Den Aufzinsungsfaktor erhalten wir aus dem konformen Monatszinssatz:
q12 = 1 + i12 = 12√1,08 = 1,0064
Die Kreditsumme ist der Barwert, es sind 120 nachschüssige Raten zu zahlen:
15000 = R·(1 − 1,0064−120)/0,0064 ⇒
R = 179,79 €
Restschuld nach 3 Jahren: Kreditsumme, aufgezinst durch 3 Jahre, minus Endwert der Raten
nach 36 Monaten:
15000·1,083 − 179,79·(1,006436 − 1)/0,0064 = 11638,54 €
Das ist der neue Barwert; der neue Aufzinsungsfaktor beträgt 12√1,1 = 1,008
11638,54 = 179,79·(1 − 1,008−n)/0,008
1,008−n = 0,4838
n = −log(0,4838)/log(1,008) = 91,4
Die Laufzeit verlängert sich um (91,4 − 84 =) 7,4 Monate.
Der Bankberater schlägt Herrn C. folgende Geldanlage vor: Er zahlt 5 Jahre lang am Beginn jedes Jahres 1000 € ein. Am Ende des 5. Jahres erhält er eine Auszahlung von 6000 €. Wie hoch ist die Rendite (Zinssatz) dieser Anlage?
Wir setzen in die Formel für den Endwert einer vorschüssigen Rente ein und erhalten folgende Gleichung:
1000·q·(q5 − 1)/(q − 1) = 6000
Diese Gleichung müssen wir mit Technologie lösen; wir erhalten
q = 1,0614 ⇒ q = 6,14 %
Viele Taschenrechner besitzen ein Programm zur Rentenrechnung (TVM-Solver). Aber Vorsicht: Diese Programme rechnen oft, wie in den USA üblich, bei unterjähriger Verzinsung mit dem relativen Zinssatz!
Lernziele